GO EEST


SZTART MIT PROBLEMY


Der redakteur hat meinen ultradeutsh-U-kurs auf eis gelegt, angeblich überfordert das die leser. Diese marodierenden redakteure, spieszer sind das! Aber was solls. Also schreib ich auf wunschdeutsch forte, das is mein basisdemokratisches deutsch, basiert auf die abstimmung von 20 000 zuschauern in meinen shows. Auch hier gehen wir im progressiven modus vor, also am anfang praktisch wie normaldeutsch. Und weil ich durch slavische länder reise, wird es etwas slavischer. Ich wollte auch etwas kyrillisch einfliszen lassen, damit war der redaktör auch nich einverstanden.


Shazza fliegt mit einer freunda nach Sri Lanka, um mal ein par wochen ayurveda zu machen. Für meinen berliner freund Frank is das wie waterboarding, nur eben mit öl - er würde alles sofort zugeben. Das will ich nich, also wo fahr ich hin? Ich mache das einfach alphabetisch, was fehlt mit A zu meiner ländersammlung? Für Afghanistan is glaub ich noch nich der richtige zeitpunkt, also is Armenia an der reihe. Klar, dann nehm ich auch die nachbarländer mit, Aserbaidschan und Georgia. Für die Ukraina, Russland, Georgia und Armenia brauch ich als brasilianer kein visum, für Aserbaischan schon. Ich geh zum honorarkonsulat in Stuttgart, die haben vermutlich das freundlichste konsulatpersonal, das ich je in meiner karriere erlebt hab. Ein bissi eng von der zeit her, sagen die, aber die werden alles tun, was möglich is. Ich wollte über land mit bus und bahn fahren, aber für das visum brauch ich eine hotelreservierung, dazu brauch ich ein genaues datum, also muss ich doch fliegen. Ich buche hotel und flug, aber der tag kommt und mein visum is noch nich da - die ganze woche is nationalfeiertag in Aserbaidschan, also eine nationalfeierwoche. Ich muss hotel und flug stornieren. Und mein pass is in der botschaft in Berlin eingesperrt - ich krieg ihn erst in einer woche, mein urlaub is futsch! Ich rufe bei der geschlossenen botschaft an, da is ein notdienst und man sagt mir, ich soll am näxten tag anrufen, am näxten tag sagt mir einer, er meldet sich bald bei mir, was ich nich glaube. Aber er ruft tatsächlich zurück: ich kann am karfreitag vormittag den pass abholen. Ich glaubs kaum, fahr trotzdem nach Berlin, die botschaft is mausi-zu aber ich klingel, und jemand bringt mir tatsächlich den pass.


Der flug is futsch, neu zu buchen für den selben tag is teuer, also doch über land. Von Berlin fährt ein zug täglich nach Warschaua, der heutige is aber voll, und mit dem zug kann man nich fahren wenn kein platz is. Also zum busbahnhof, und ich kann eine sztunde szpäter losfahren. Berlin war kalt und nass, Polen is genauso kalt und nass.


In Warszawa muss ich vom Centralny zum nebenhauptbahnhof Zachodnia fahren, ich frage mich durch mit englisz, deutsz und proto-polski, aber die polakow (das is normales polski) szeinen zu sagen, "Lass mich in ruhe!". Auch wenn sich viel in Osteuropa inzwiszen an die EU angepasst hat: fyr die höflichkeit war der komunizm nie sehr förderlich. Retten kann mich erst ein iraner, er kann engilski, szaut in sein alleswisser, sein eifon, und sagt mein autobus kommt in cwei minuty, da dryben. Ich muss yber ein paar szperry szpringen und erwisz ihn gerade noch. Und in lecter sekunde den lecten autobus des tages nach Lwow.


An der granica (grenze) brauchen wir cwaj stundy, um Polska bzw. die EU zu verlassen, und 20 minuty, um in die Ukraina einzureisen. Also eins null für die Ukraina. Es is gerade ein kalter frühling in Deutschland, und hier is es noch etwas kälter. Wir kommen in Lviv an. Wenn man nach der stadt googelt oder nach flügen sucht, muss man Lviv, Lvov, Lwiw, Lwow und natürlich das deutsche Lemberg eingeben - der wahnsinn. Auch wenn viele ukrainer eher russisch sprechen oder eine misz-sprache, is die ofiziella sprache in der Ukraina ukrainisch, also schreib ich mit I, und ich verwende die internationalere transliteration mit V, also Lviv. Die ukrainer lieben das I: wenn mein ukrainischer frind Andrij Kritenko und ich ukrainisch geprägtes dijtsch schreiben willen, ersetzen wir die dijtschen O's durch I's - igintlich irsitzin wir glich illi vikili dirch die bichstibi I. Lviv hat noch viel von der K & K zeit, also is es wie ein Klein-Wien, das in den letzten hundert jahren nich renoviert worden is.



CHIBUREKI


Die Ukraina hat wie die meisten komunistischni länder ein hohes bildungsniveau, aber im gegensatz zum westlichen Osteuropa is die Ukraina nich in der EU, ihr fehlt auch das russkische öl, die industria liegt brach - sie sind zum beispiel die fabrikanti der Antonov A225, des gröszten flugzeugs der welt, aber keiner will es kaufen. Der zug von Lviv nach Kiev is noch sicher aus sovietzeiten: gemütlich wie bei babuschka, und inzwischen langsamer als eine babuschka. Die bileti sind sehr billig, von Lviv nach Kiev bin ich den ganzen tag gefahren, über 500 kilometer, für 7 euro. Das is aber alles nich wirklich billig, sondern normal. Es kommt mir alles sehr billig vor, weil ich gewohnt bin, mit der Deutschen Bahn zu fahren - da zahlt man eine ganze menge, hat dafür spannung und abenteuer: man weiss nich ob man einen platz zum stehen finden wird, und man hat keine ahnung wann man ankommt.


Früher durfte man in den räumen an den enden der wagoni rauchen, das is nu auch verboten. So rauchen die liudi direkt in der verbindung zwischen zwei wagoni, also da wo's rattert und knattert. Is zwar auch verboten, macht aber jeder raucher, personal inklusive. Nur einmal hatte ich problemi damit, als ein blockwart - ein passagir - auf mich schimpfte und sofort die wagon-meista rief. Schlechtes gewissen hab ich nich - ich hätte eher schlechtes gewissen dass ich manchmal 10 stunden in einem flugzeug sitze, da bin ich ganz alleine für die verwandlung von 1000 liter treibstoff in luftgift, das schaff ich als raucher mein ganzes leben nich.


Nich sehr gemütlich, aber zwischen zwei vagoni lern ich Vladimir kennen, einen jungen komputer-händler. Einmal sagt er, "Näxte woche muss ich wieder nach Evropa", so als wär die Ukraina nich in Evropa. Das is aber keine ukrainska oder russka spezialität, auch die anglici und skandinavi erzählen, sie waren letzte woche "in Evropa". Vor Kiev warnt er mich noch: "Da gibt es typen, wenn die merken dass du europeiski bist, werden sie versuchen, dich auszunehmen!" Dabei sind sie die europeici, ich bin ja brasilec. Jedenfalls is es ein sonniger tag und ich besuch in Kiev den Maidan und die prächtige Sophienkathedrale mit den sieben goldenen türmen. Aber das beste sind hier die frauen, das land hat nach meinem geschmack die gröszte schöne-frauen-dichte der welt.


Der zug nach Kharkiv is supermodern und komfortabelni. In Kharkiv schick ich Vladimir eine SMS, er will mir die besten chibureki in der stadt zeigen, es is aber so kalt und nass dass er lieber nich reagiert. Zum thema chibureki muss ich etwas ausholen: In Brasilien gibt es einen sehr bekannten imbiss, den man 'pastel' nennt. Das is eine frittierte teigtasche aus einer art blätterteig. Tradizionell is drinnen grösztenteils luft aber auch fleisch, käse oder palmenherzen, heutzutage auch shrimps, trockenfleisch, hühnerfleisch, usw. Früher haben es die chinesen in ihren pastelarias gemacht, und ich fragte mich immer, wo die herkommen. Ich hab sie weder in China noch sonst in der welt gesehen. Ja und dann kam ich mal nach Kasachstan, und was sah ich plötzlich da? Pastéis! Wo doch Kasachstan reichlich wenig mit Brasilien zu tun hat. Ich hab dann erfahren, dass sie im ex-sovietreich chibureki heissen (tschiburjéki ausgesprochen), und vermutlich von den krimtataren erfunden worden sind. In dem fall geh ich davon aus, dass die ukrainis - davon gibt es vieli in Brasil - sie mitgebracht haben, und weil sie keine lust hatten selber zu kochen, haben sie den chinesen das rezept verkauft und kriegen 10% provision.


Ich fahr nach 22 uhr los richtung Russland, ich soll den vakzal, also den bahnhof in Belgarad nach mitternacht erreichen. Das wort 'vakzal' mag einem beim ersten blick ziemlich fremd vorkommen, wenn man aber weiss, wie das entstanden is, wird es viel leichter, sich das wort zu merken. Als die erste eisenbahn in England in betrieb ging, kamen russische ingenieure um sich das wunder anzuschauen und die nötigen informationen zu holen. Einer der bahnhöfe soll ihnen besonders schön vorgekommen sein, der von Vauxhall. Und als sie zurück nach Russland gingen, übersetzten sie gleich das wort 'bahnhof' mit 'vokzal' - das man wak-sal ausspricht.



ZURÜCK AUF ANFANG


Nu wird es spannend. Ich weiss ich brauch als brasilianer kein visa für Russland, wissen es aber die beamten auch? Dann hab ich im pass nur einen stempel von Mauritius und einen von der Ukraina, komische kombinacia... Die granza kommt und kommt nich, dann bleibt der zug endlich stehen und da kommen die russischen granza-palicisten. Die dauernd verschmitzt lächelnde beamta will meine bagage sehen, und findet zwei usb-sticks. Sie will wissen was in den usb-sticks drin is, ich mach mein laptop auf, im ersten stick is die werbung für meine näxte show. Dann hab ich noch ein rosa stick, und der lässt sich nich öffnen. Die frau meint, ich muss ihn öffnen, aber wie soll das gehen wenn mein laptop überhaupt nich auf ihn reagiert? Es kommt noch ein beamter dazu und sagt "Sehr schlecht"! Wenn ich das ding nich öffnen kann, muss ich zurück. Das darf doch nich wahr sein! Ich kann ihn wegschmeissen, oder ihr nnt versuchen ihn an einem anderen computer zu öffnen! Die sagen, ich soll meine sachen packen und den zug verlassen. Und gleich sagt mir der wagon-meister aufgeregt, ich soll schnell aussteigen, der zug wartet nur dass ich aussteig. Und plötzlich steh ich auf der plattforma, es regnet und - wo sind die beamten hin? Ich frage den wagon-meister wie ich nu zurück nach Kharkiv kommen soll, mitten in der nacht. Alles scheisse! Er sagt, es is doch alles gut. Gut??? Das nennt er gut? Ich wollte nach Belgarad und nu steh ich auf dieser plattforma an der graniza und muss zurück? Nein, du musst doch nich zurück, Belgarad OK! Was heisst Belgarad OK? Ich darf nach Belgarad aber nich mit diesem zug? Du bist doch in Belgarad! Wie? Schau, dahinter is das bahnhofsgebäude, da steht ganz grosz BELGARAD. Und tatsächlich... Wollten mich die polizisten nich mitnehmen? Nein, die sind verschwunden. Ich bin frei und in Russland! Die beamten haben sich nur einen kleinen scherz erlaubt.


Belgarad is eine nette und gepflegte stadt, hat ein par sehenswürdigkeiten aber nix weltbewegendes. Im kyrillischen schreibt man Belgorod, da aber diese O's unbetont sind, werden sie als A ausgesprochen, dann schreib ich sie auch als A, also wenn man ein O sieht, is es betont. Man spricht den namen 'bjélgarad' aus.


Seit Norddeutschland seh ich nix als plattes land, und so geht es weiter nach osten bis zum garizont. Falls dir das wort 'garizont' komisch vorkommt: die russen haben kein H-laut, und ersetzen den laut in fremdwörtern und -namen durch G, weshalb der horizont zum garizont (gorizont) wird. Die deutschen städte Hamburg, Halle und Hannover werden zu Gamburg, Galle und Gannover. Einmal hab ich mit einem sammeltaxifahrer geredet, ich wollte 'kaputt' sagen, wusste aber nich wie man das auf russisch sagt, also sagte ich "Maschina kaputt". Er lachte sich tot, weil ich 'kaputt' gesagt hatte. Ha ha, Gitler fragte, "Russia kaputt?", am ende Gitler kaputt! Geil Gitler, ha ha!


Russland is ekonomicheski ungefär auf dem gleichen stand wie Brasilia, mit einem fusz in der oberen zweiten welt und einem fusz in der unteren ersten welt. Klassiski favelas mit blechhütten gibt es nich, auch in Brasilia werden sie seltener, vertikale favelas findet man wiederum in beiden ländern. Hier trifft man öfters auf bettler - rentner, deren rente hint und vorn nich reicht, cigani und alkoholiker. Komischerweise waren die brasiliani bis in die 80er jahre die gröszten schnapstrinker der welt, aber solche alk-zombis sah man selten. Zombis gibt es in Brasilia auch, die sind aber crackis. Die bettler sind übrigens in der ganzen ex-Sovietunion gang und gäbe, das is hier vileicht sogar schlimmer als Berlin.


Bis Varonizh (deutsch Woronesch), etwas südlich von Maskau, fahr ich mit dem bus. Hinter mir sitzt eine schniefende frau mit mundschutz: je weiter östlich, desto kälter, und es fängt an zu schneien, dabei is meine kleidung nur für den frühling im Südkaukasus gut. In Varonizh erwisch ich einen zug, und der fährt Gott sei dank schnurstracks in den süden.


Das rauchen zwischen den wagen hat seine vorteile, ich treffe da eine russkische frau und zwei typen, alle drei künstlerische halb-hippies. Mit denen sauf ich fast die ganze nacht durch die russkische pampa.



DER KALTE SÜDEN


Russkisch is ziemlich kompliziert und steckt voller germanismi. Das 'buterbrod' is ein belegtes brot, auch ohne butter, an den bahnhöfen steht immer die 'marshrut' eines jeden zuges, dort kann man auch eine 'platzkarta' reservieren, der friseur is ein 'parikmakher', der BH is der 'biustgalter', die kartoffel is eine kartoffel, die krawatte ein galstuk (von 'halstuch'), der stecker (für die steckdose) is ein 'steker', usw. Einmal war ich mit meiner Shazza in Kasakhstan, und die schöne Elina fungierte als reiseführa. Ich fragte: "And ware do we go now?" "Oh, now we go to a place, to another town, uh, to make peeple helthy, hm, i dont know how yu call it in english, we call it 'kurort'".


Ein par russkische wörter kann man immer lernen, die man nie vergessen wird, wenn man die nötige eselsbrüke hat. Zum beispiel das wort für 'schnell', russkisch 'bystro'. Das Y steht in diesem fall für ein I, das hinten im mund ausgesprochen wird, als wollte man ein /i/ aussprechen aber angst davor hätte. Vor zweihundert jahren, als die aliierten - gegen Napoleon - in Paris einmarschiert waren, bot man den russkischen saldati essen ohne dass sie lange warten mussten - bystro bystro!, schnell schnell, fast-food sozusagen. Die etymologischen wörterbücher sind gegenüber dieser geschichte eher skeptisch, weil das wort erst ende der 19. jahrhunderts auftauchte, aber auch wenn sie eine erfindung sein sollte, is die geschichte immer noch eine gute eselsbrücke.


Leicht zu merken sind auch die wörter für 'oren' und 'auge'. 'Oren' heisst auf russki 'uschi', auge heisst 'glas'. Oren-auge, auf russki "uschi-glas". Wenn man müde wird, geht man halt nach hause und legt sich auf die uschi.


In Rastov wach ich mit einem kater und einer grippe auf - der mundschutz der frau im avtobus hat nix genützt. Hier sollte es wärmer sein, is aber immer noch kalt und regnerisch. An bus- und bahnbahnhöfen darf man weder drinnen noch im freien rauchen, also muss man im kalten regen nach einem dach über dem kopf suchen, um eine zu rauchen. Das nennt man dann "Gesundheitsschutz".


Die fahrt geht weiter, um ein uhr nachts erreich ich Vladikavkaz. Da ich weit und breit kein hotel seh und ein taxist sich anbietet, mich zu einem hotel zu bringen, willig ich ein. Die mashina springt aber nich an, und ich muss erstmal schieben. Als der taxist hört, dass ich am näxten tag nach Georgia fahren will, bietet er an, mich für ca. 20 euro rüber nach Georgia zu bringen. An der graniza angekommen, schneit es, und die graniza is zu - die strasze is wegen snegfall gesperrt. Wir müssen zurück in die stadt und eine stunde lang ein hotel suchen. Ich legte 4100 km zurück, und keine 50 km vor dem ziel werd ich vom sneg gebremst, dabei sind wir breitengradmäszig in der höhe von Rom, und ich dachte es wär frühling. Vladikavkaz heisst 'Beherrsche den Kaukasus', aber in diesem fall beherrscht er mich, klarer fall.


Am näxten morgen werd ich von einem klopfen an der tür geweckt. Es is ein paliceiski, er durchsucht mein rucksäckle und stellt zwei dutzend fragen, von denen ich vielleicht ein drittel versteh. Und er geht wieder. Naja, ich bin in einer sensiblen region: nordöstlich von hier liegt die Ostukraina, keine 50 km westlich liegt Chechenia, südwestlich Südossetia, alles krisengebiete, man sucht überall nach terroristen. Es wimmelt nur so von militär und palicia in der gegend.


Ich muss das hotel zahlen und medikamenti gegen meine grip kaufen. Dafür muss ich zum bankamat, ungefähr ein kilometr von hier. In der bank sind 3 bankamati, alle 3 gehen nich. Wo soll ich nu suchen? Ich geh zu einem taxist: bankamat - apteka - hotel Plasma. 100 rubley (keine 3 euro) OK? Ja, machen wir. Näxte bank, zwei bankamati, beide gehen nich. Nu fahren wir richtung hotel, offensichtlich gibt es auch in der nähe des hotels ein bankamat. Und plötzlich stehen wir vor dem hotel. Ja, und was is mit bankamat? Und apteka? Ach, sagt er, du hast gesehen, geht alles nich! Aber ich hab kein geld, ich kann dir nich einmal auszahlen! Kein problem. Ja schön dass ich nix zahlen muss, aber ich muss nu wieder in die stadt laufen, alles wieder auf anfang.



GVPRTSKVNI


Frühstück gibt es im hotel in Vladikavkaz nich, da drüben gibt es aber ein cafee. Das cafee is gähnend leer, irgendwann kommt eine bedienung, ich bestell einen kaffee, und, hm - was habt ihr zu essen? Shakalad kuk. Das klingt gut. Was krieg ich? Ein nescafe mit einer tafel shokolade in der packung. Und nich unbedingt die beste. Wir sind in Nordossetien, einer offenbar strukturschwachen gegend, hier sieht es aus wie in Dresden 3 jahre nach der wende. Es regnet immer noch und es is kalt, trotzdem muss ich ein bankamat finden. Ich such und frag, ein typ der rumsteht kennt sich aus - und kann mich gleich hinfahren, er is taxist. OK, OK, bevor meine grip noch schlimmer wird... er sagt er könnte mich zur graniza für weniger geld fahren als der andre. Nein, will ich nich, die graniza is sicher noch zu. Wo ich herkomm? Brasilia. "Ah, Pelé, Garrincha!" - fussballlegenden aus vergangenen zeiten. Aber ich wohn in Germania. Ah, da war ich zwei jahre, als saldat! In Meissen bei Dresden! Ich kam viel rum, ich war auch in Patsdám, Rastók, Kranstádt. Später meint er, mein russki lässt zu wünschen übrig. Ja ja, aber ich spreche die sprache seit einer woche - er war zwei jahre in Germania und kann offensichtlich kein wort deutsch.


Tags darauf find ich einen hamburger-laden fürs frühstück, bestell einen pikanten cheeseburger. Der is nich pikant, oder nennen sie es so weil das brot angebrannt is? Das wetter is immer noch kalt und nass, mir geht es sauschlecht. So schlecht dass die administratora - da gibt es kein rezeptionist, man wird nich empfangen sondern verwaltet - den notarzt ruft. Irgendwann klingelt es an meiner tür, da steht ein arzt und 3 assistentas. Eina kümmert sich um die spritze, eina um die bürokratie, eina schaut zu. Die bürokratie-dama nimmt meinen pass in die hand - uh! "Haben Sie keinen passport mit russkaja schrift?" "Njet, das haben nur russki passporti...". Gott sei dank is der doktor da, der vorliest und für sie diktiert. Ich werd untersucht, krieg eine spritze in den arsch, die stellen viele fragen über meinen beruf und mein leben, und dann gehen sie. Sehr nette leute, so viel medizinische aufmerksamheit hatte ich wegen einer grip noch nie.


Einige tage später scheint endlich die sonne, ich fahr los und die grenice hat man in wenigen minuti erledigt. Die landstrasze rauf zum pass is recht abenteuerlich, oft zimlich eng, sie führt durch dunkle, kurvenreiche tunnels, und da kommen einem risige laster entgegen. Der blick is dafür gigantisch, mit den monumentalen bergen, und so vil weiss, dass man fast erblindet. Nach dem pass kommen ski-ressorts - endlich mal wider was für touris, vile reklamen stehn auch auf englisch. Man fährt dann runter, runter, verlässt den winter und taucht in den vollen frühling mit seiner ganzen farbenpracht ein, rot, gelb, weiss, blau. Endlich siht alles aus wie's sollte!


Tbilisi, auf deutsh Tiflis, is eine tolle stadt. Die alte architektur is toll, irgendwie anders, kaukasisch eben. Die neue architektur is auch toll, gewagt, überall gibt es was zu sehn, in der stadt, auf den bergen, über dem fluss. Die gutgelaunte frau vom Point Hotel spricht georgisch, russisch, english und türkisch. Ich geh zum Meidan was essen, es is ein familienrestaurant und man kann rauchen, wie überall in der stadt. Eltern und kinder geniszen den abend und keiner glaubt, dass er gleich stinken und bald sterben wird. So wie's in Europa vor 10 - oder 100 - jahren war. Ironie des schicksals, ich kann endlich wider im warmen essen und danach rauchen, ich bleib aber draussen auf der kühlen terrasse, weil der blick so schön is. Und freu mich des lebens.


Georgisch hat relativ vile vokale, manchmal aber lässt es die konsonantensau richtig raus: zum beispil heisst der fluss, der durch Tbilisi meandert, Mtkvari, eine stadt in der näh heisst Mtskheta. Und das wort für "du schälst mich' heisst auf georgisch 'gvprtskvni' - 9 konsonanten hintereinander. Gott sei dank is das ein satz den man nich so oft benützt. Russisch sprechen glaub ich die meisten georgis, wobei die jungen es oft nich mehr so gut oder gar nich können, dafür etwas mehr english, manchmal sogar sehr gut.



GERMAN KYUFTA


Von einem laden in der innenstatt von Tbilisi kommt chormusik, georgische chormusik, mit einer eigenartigen harmonie - das klingt wie aus den eingeweiden des Kaukasus kommend, absolut groszartig. Polifonisch nennt sich das. Später lauf ich auf der strasze, vor mir laufen 3 junge leut, ein schwarzhariger typ, ein blauhariges und ein rosahariges mädel, von inen kommt schon wider dise tolle chormusik mit der eigenartigen harmonie. Ich denke, die haben ein radio oder änliches dabei, aber als ich sie überhole, se ich, dass sie selber singen, einfach so zum spass.


Ich hab sie gezält: fast 2/3 der männer haben einen bart, fast 1/3 haben keinen bart, und der rest, der vom 'fast' übrig blib, is unentschlossen und hat dann einen 5- oder 7-tage-bart. Komisch: die amerikanischen WASPs (white anglo-saxon protestant) sagen gerne, dass sie "caucasians" sind, so als wär das ein gütesigel für hellhäutigkeit. In Maskau sit man das ganz anders, die kaukasis haben dort den gleichen ruf wie die sizilis in Mitteleuropa. Und besonders hellhäutig sind sie im schnitt nich, auch wenn sie natürlich nich wie congolesen ausschaun.


An einem schönen tag far ich nach Gori, ca. 60 km von der hauptstadt entfernt. Gori is die geburtstadt von Josef Stalin und da stet das Stalin Museum. Die armen georgis: es gibt nur einen von inen, der fast jedem menschen auf dem planeet bekannt is, und der war ein massenmörder. Das macht aber vilen georgis wenig aus, es gibt keine bücher auf georgisch, die über seine untaten sprechen, in der schule lernt man das angeblich auch nich. Kann ich auch nachvollzin, jedes land beschönigt seine geschichte, ausser Deutshland, und das warscheinlich nur weil es gar nich anders ging.


Man sit hir dauernd laster und transporter, die offensichtlich aus Deutschland oder Österreich kommen, da die leute sich nich die mü geben, die schriftzüge zu übertünchen. Heute hab ich einen transporter geseen, auf dem drauf stand, FLEISCH WURST MUCKENHUBER. Da weiss man was man hat.


Auf dem weg nach Yerevan lern ich noch etwas armenisch von den andren passagiris: 'shnorhakalutyun' heisst 'danke', gott sei dank darf man aber auch 'mersi' sagen. Armenisch is eine indo-europische sprache, wobei man nich vil erkennt. Man is durch die georgische und die armenische grenze in 5 minuten, cool! Die frau im sammeltaxi sagt, jetz machen die aseris schon wider ärger, das sind ganz schlimme burschen! Ja, Bergkarabakh, dort beschiszt man sich schon wider, eine komplizirte geschichte.


Ich far nach Edzhmiadzin, dem sitz des Katholikos aller armenis - das land war das erste, das als stat das kristentum angenommen hat. Auf dem weg zurück besuch ich die ruinen einer alten katedrale in Zvartnots, und rede zum ersten mal mit touris. Ich stelle fest dass sie aus Sao Paulo sind, meiner stadt, darunter sogar ein par armenisch-stammis. Wärend der ganzen fart kann man den Ararat in seiner ganzen pracht bewundern, das nationalsimbol der armenis, der nich mer in Armenia liegt sondern in der Türkie.


Yerevan hat oft eine architektur, die an Tbilisi erinnert, aber Tbilisi is ser farbenfro, in Yerevan is das nich der fall, vermutlich hängt das mit irer geschichte zusammen. Das interessanteste hir sind die Kaskaden. Ein bau das aus einer treppe besteet, über 100 m hoch, wo die stufen aus blumenbeten besteen, dazwischen sind fontänen und skulpturen. Unter den blumenbeten gibt es im untergrund noch mer treppen, und zwar rolltreppen und grosze stufen, auf denen kunst ausgestellt wird. Jedenfalls is die ganze sache ser treppig. Oberhalb der treppen stet die Maison Charles Aznavour, das war ein armenier - der natürlich auch was mit Francre zu tun hatte. Die armenis hatten etwas mer glück mit iren berümtheiten als die georgis. Am fusz der Kaskaden is ein langer park, auf beiden seiten gibt es restaurants von Paulaner Hacker-Pschorr. Ich darf mich draussen bei eim paulaner-bir sonnen, ser schön. Die speisekarte bitet ausser würsten und schweinshaxn auch calamari tempura an, also grekian-japanian, shnel klops, german kyufta (was es nich alles gibt), osobuko, frau muller salad, libenmir salad. Die suppe, die ma kharcho nennt, wird auch angeboten - with beef or lamp. Da nem ich liber beef.